Transformation Perspectives Series 05

Werte Teil 2: Wie können wir unsere bewusste Werte-Orientierung als Mass für Entwicklung und Resilienz der Organisation nutzen?

In der vorgängigen Transformation Perspectives haben wir Werte und deren Wirkung auf das persönliche Leben und Organisationen beleuchtet, respektive welche konstruktivere Wirkung sie entfalten, wenn sie bewusst und in Balance gelebt werden. Neben einer Auseinandersetzung mit der Art und Weise, wie wir mit unseren Werten umgehen, bieten sich aber noch andere Entwicklungsmöglichkeiten durch unsere Werte. Obwohl wir verschiedenste Werte in uns tragen, können wir unter ihnen häufig ein Leitmotiv erkennen, das tief mit unseren Bedürfnissen und unserer persönlichen Entwicklung verbunden ist: So zeigen Werte auf, was uns am Wichtigsten ist, reflektieren die psychologische Entwicklung, die wir erreicht haben und geben Hinweise auf unsere unerfüllten Grundbedürfnisse. Diese Bedürfnis-cluster, auf welche sie uns ausrichten, prägen entsprechend massgeblich unseren alltäglichen Fokus, unsere Handlungsimpulse, unsere oft unbewussten Automatismen, sowie unsere Entscheidungen.

Es gibt eine Reihe von Modellen, welche die menschlichen Grundbedürfnisse beschreiben. Das wohl bekannteste ist die fünfstufige Bedürfnispyramide von Maslow, wobei er die letzte Stufe „Selbst-Aktualisierung“ in seinen Aufzeichnungen später noch durch eine sechste Stufe „Selbst-Transzendenz“ ergänzt hat. Aufbauend auf Maslow hat Barrett ein eigenes Modell mit sieben Stufen der Bewusstseinsentwicklung entwickelt. Jeder dieser sieben Stufen ist durch ihren Fokus auf ein bestimmtes Bedürfnis sowie verschiedene zugehörige Werte charakterisiert. Er postuliert, dass die menschliche und organisatorische Entwicklung entlang dieser sieben Stufen verläuft, wobei er die sieben Stufen noch grob in drei Gruppen unterteilt: I. Selbstinteresse (Sicherheit, Zugehörigkeit, Einzigartigkeit) II. Transformation und III. Gemeinschaftliches (Innere Kohäsion, einen Unterschied machen, Service).

   

 

Graphik: Die 7 Level des Bewusstseins einer Organisation (nach Richard Barrett)

 

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Zu den ersten drei Stufen (Selbstinteresse) macht er die Aussage, dass diese destruktiv gelebt werden können, und dass ein Hauptfokus auf die zugehörigen Werte-Cluster entsprechende Risiken birgt. So kann ein «unreifer» Umgang (z.B. aufgrund verzerrter Beliefs) mit diesen Werten schnell dazu führen, dass negative Beziehungsdynamiken entstehen. Gleichermassen können Menschen bzw. Organisationen, welche ihren Hauptfokus auf Level 4-7 legen, in Stresssituationen durch Bedürfnisse in den Stufen 1-3 «getriggert» werden und in die Stressreaktionen „flight“, „fight“ oder „freeze“ verfallen, wenn sie ihren Umgang mit diesen Bedürfnisstufen noch nicht gemeistert haben.

So kann zum Beispiel ein Umsatzeinbruch eine Organisation auf das erste, das Überlebens-Level zurückwerfen. Die Führung initiiert entsprechend eine Form von Krisenmanagement und konzentriert sich darauf, mit kurzfristig greifenden Massnahmen die Situation zu verbessern. Wichtig ist hier zu erkennen, dass es zwar den objektiven Umstand des Umsatzeinbruchs gibt, die Art der Reaktion darauf aber von destruktiven Kurzschlusshandlungen und Ängsten der Mitarbeiter bezüglich der Arbeitssicherheit, bis hin zu besonnenen, konstruktiven Massnahmen bei erhaltenem Grundvertrauen reichen kann. Dies hat stark mit der grundsätzlichen Kulturkompetenz des Unternehmens zu tun.

Ab dem vierten Level „Transformation“ mit der (persönlichen) Weiterentwicklung als Grundorientierung kommen dann Werte wie Eigenverantwortung, Innovation und Mut in den Hauptfokus (Mut als ausschliesslich handlungsorientiert verstanden, der gilt „wenn die Vision grösser ist als die Angst“). Eine Organisation mit diesem Fokus verfällt weniger schnell in reaktive oder destruktive Muster, wie dies bei Bedürfnis-Nichterfüllung auf den vorherigen Leveln noch passieren kann, sondern gestaltet (pro-)aktiv die eigene Zukunft. Die höheren Level die im „Gemeinschaftliches“ zusammengefasst werden, verschieben den Fokus auch graduell vom „Ich“ zum „Wir“ und wirken komplementär zu den tieferen Leveln. Das damit verbundene Sinnerleben löst sich entsprechend von reinem Eigeninteresse und Selbsterhalt hin zu einem Gefühl, einen Unterschied zu machen und einen Beitrag zu etwas Grösserem zu leisten. Ein Gefühl, welches energetisierend und inspirierend auf die Mitarbeiter wirkt.

Die Wertefokusperspektive auf ein Unternehmen bringt noch einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn; um die Entwicklung der Organisation erfolgreich vorantreiben zu können, braucht es ein höheres Bewusstseinslevel der Führungsmannschaft durch eine gelebte Werteorientierung. „Leaders go first“ bekommt dadurch noch eine zusätzliche, tiefere Bedeutung. Diese gelebte Leadership und die damit verbundene Entwicklung werden wir in der nächsten Transformative Perspectives näher beleuchten.

 

Pierre Bachmann und Dr. Thomas Gartenmann

 

Das ist Teil der Transformation Perspectives Series von www.aergon.com