Transformation Perspectives Series 06

Leadership Teil 1: Kennen Sie Ihre Führungswirkung, und was sind Hebel, diese zu erhöhen?

 

In den vorgängigen Artikeln sind wir der Frage nachgegangen, welchen Mehrwert eine Auseinandersetzung mit Purpose (im Sinne von Sinnerleben, raison d’être, Daseinszweck) und ein bewussterer Fokus auf Werte für Unternehmen haben kann. Wird ein solcher Mehrwert erkannt, stellt sich konsequenterweise die Frage, wie dies über Führung unterstützt werden kann, respektive wie dies überhaupt zum persönlichen Führungsverständnis passt. Sind Sinnstiftung und Werteentwicklung denn Teil der Führungsarbeit? Aktuell beliebte Führungstheorien wie die Transformationale Führung und Mindful Leadership verweisen explizit auf diese Anliegen und sind bemüht, "bessere" Führungsstile zu identifizieren.

Wir können alternativ aber auch der Frage nachgehen, was denn die tatsächlichen Wirkebenen oder Wirkfaktoren von Führung sind, und welche Führungsbedürfnisse der Mitarbeiter sowie des Unternehmens dabei berücksichtigt werden. Dies ermöglicht uns, im Anschluss die Frage zu stellen, ob man als Führungskraft diese Möglichkeiten und Bedürfnisse auch in der Breite abdeckt, respektive wie man das bewusst verbessern kann. 

Als Grundlage für Beförderungen werden heutzutage grösstenteils die fachlichen Kompetenzen herangezogen. Dies ist aus vielerlei Gründen sinnvoll, nicht zuletzt, weil diese objektiver bewertbar sind und somit augenscheinlich fairere Beförderungsverfahren erlauben. Das konkrete, eigene fachliche Gestalten und Entscheiden ist gleichermassen ein erster, massgeblicher Faktor mit Bezug auf die Fragestellung, was denn die Wirkung meiner Führung ist. Lenke ich das Unternehmen in eine ungünstige Richtung und entspricht mein Output nicht der nötigen Qualität, leidet sowohl meine Führungsautorität bei den Mitarbeitern wie auch die Performance des Unternehmens.

Als zweiten Faktor und fast definitorischer Bestandteil des Begriffs der Führung betrachten wir die Interaktion des Mitarbeiters mit seiner Arbeit. Verteile ich klare Aufgaben? Überprüfe ich deren Ergebniserreichung? Unterstütze ich den Mitarbeiter bei Bedarf? Diese pragmatische/operative Betrachtungsweise der Arbeitserledigung respektive deren Führung wird gerne unter dem Begriff des „Management“ zusammengefasst und hat damit einen klaren Fokus auf die Arbeitsorganisation. Wir können die Interaktion des Mitarbeiters mit seiner Arbeit auch anders betrachten und den Führungsfokus zudem auf dessen Motivation, Inspiration und Selbständigkeit legen. Dieser Blickwinkel wird gängig mit dem Begriff des „Leadership“ assoziiert. Wichtiger als die Frage, welcher Fokus wirkungsvoller ist, scheint uns das Bewusstsein, dass beide notwendig sind, um dem Mitarbeiter Orientierung und Sinnerleben bezüglich seiner Arbeit zu geben.

Es gibt noch weitere Interaktionen. Zum einen die direkte Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter. Welche Qualität hat diese? Autoritär? Direktiv? Partizipativ? Wertschätzend? Fördernd? Wie bewusst und breit gestalte ich die Beziehung zu meinen Mitarbeitern? Bin ich mir deren individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten im Klaren, führe, fordere und fördere ich entsprechend angepasst? Zum anderen gibt es die Beziehungen der Mitarbeiter untereinander, woraus auch eine Teamkultur resultiert. Gibt es gewisse Verhaltensweisen, bei denen ich dezidiert eingreife? Habe ich Konflikte zwischen Mitarbeitern auf dem Radar? Verstehe ich den Umgang im Team als Teil meiner Führungsaufgabe? Wir bezeichnen diese dritte Wirkebene als Entwicklung des einzelnen Mitarbeiters und des Teams. Speziell die gezielte Förderung des einzelnen Mitarbeiters hat in den letzten Jahren unter dem Motto „Führungskraft als Coach“ viel Auftrieb erhalten. Losgelöst von der Fragestellung, ob ein Führungsanspruch auf der Beziehungsebene Bestandteil der Führungsaufgabe ist, scheint es offensichtlich, dass Führungskräfte hier bewusst oder unbewusst grossen Einfluss haben und sich entsprechende breite Gestaltungsmöglichkeiten bieten.

Zuletzt wird in jüngerer Zeit der grosse Einfluss der persönlichen Präsenz auf die Führungswirkung intensiv diskutiert. Unter Begriffen wie „mindful“, „authentisch“ und „charismatisch“ sowie Fragen zur Integrität und Reife wird die Wirkung des persönlichen Auftritts untersucht. Aus Sicht der Führungskraft stellt sich hier die Frage der Reflektiertheit und des persönlichen Wirkungsbewusstseins. Habe ich klare, eigene, reflektierte Werte, für welche ich auch konsequent einstehe? Bin ich als Person gereift und wirke senior, oder werde ich eher naiv wahrgenommen? Als Führungskraft steht man häufig im Rampenlicht, entsprechend hoch ist die Wirkung der persönlichen Präsenz, gerade auch in Bezug auf Führungsanliegen wie Autorität, Loyalität, Vorbildcharakter und Inspiration.

   

 

Graphik: Führungsmodell mit vier Kerndimensionen

 

 

Betrachten wir diese vier Dimensionen in ihrer Gesamtheit, ergibt sich eine Landkarte der persönlichen Führungspotentiale, denn dies sind die Wirkebenen meiner Führung. Zeige ich überall einen klaren Führungsanspruch, habe ich eine breite Führungsklaviatur, und habe ich zugehörige Führungsziele? Entweder nutze ich meinen Einflussbereich in diesen Ebenen gezielt, oder ich lasse meine Potentiale ungenutzt. Es geht dabei auch nicht um das Erreichen einer Idealführung, sondern um die Breite und Tiefe meiner Vorgehensweisen. Mit dieser Perspektive wird auch klar, dass mein Wertefokus Bestandteil meiner persönlichen Präsenz wie auch meiner Beziehung- und Teamgestaltung ist, während ein sinnstiftender Fokus das Sinnerleben direkt verbessert. Einfluss auf diesen Ebenen habe ich immer – die Frage ist nur welcher.

Wie genau wir unsere Breite und Tiefe in den einzelnen Wirkebenen steigern können, respektive welche „Frameworks“ uns hier unterstützen, werden wir in den nächsten Artikeln beleuchten.

 

Pierre Bachmann und Dr. Thomas Gartenmann

Das ist Teil der Transformation Perspectives Series von www.aergon.com